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1043
Grad im Ofen - zu Besuch beim Forgeron von Moltifao
Funken sprühen. Schweiß kriecht in den Falten der staubigen
Stirn herab. Messermachen ist harte Arbeit. Doch wenn Jean-François
Deak nach dem Arbeitsschritt sein Konzentrations-gesicht für
einen Moment lockert, erkennen wir sofort: Das ist seine Leidenschaft,
und keine andere Arbeit würde ihm eine solche Befriedigung
geben.
Früher hatte er im Staatsdienst in Marseille am Computer gearbeitet.
Der Drang, lieber etwas in seinen Händen entstehen zu sehen,
wurde immer größer. Jean-François absolvierte
nebenher eine Ausbildung zum Messerschmied - zum Forgeron. Dann
ging er nach vierundzwanzig Jahren, sechs Monaten und 19 Tagen Großstadt
zurück auf das Familiengehöft in die Nähe von Moltifao
im Ascotal. Dort war das Messermachen ein paar Jahre sein Hobby.
"Anfangs hatte ich nur eine kleine Schleif-maschine, an der
ich alles gemacht habe," erklärt er. Heute schleift und
poliert Jean-François Griffe und Klingen seiner Messer an
vier verschiedenen Geräten.
Sägeblätter, Türzargen - daraus fertigt der Messermann
seine Klingen. Er beherrscht auch die Herstellung von Damaszener-stahl
- die Königsdisziplin der Messerschmiede: Über zwanzig
Lagen von Carbon- und anderem Stahl werden erst miteinander verschweißt,
dann zur Rotglut gebracht und unter unzähligen Amboßschlägen
geplättet, gefaltet, wieder geplättet - bis die Klinge
mit der typischen, an schräg geschnittenes Holz erinnernden
Maserung Form hat. Schnell erkaltet der glühende Stahl unter
dem Amboß. Jean-François legt ihn immer wieder in die
hellrote, rund tausend Grad heiße Glut des Ofens. Die empfindliche
Oberfläche des Metalls schützt er mit Borax vor zuviel
Oxidation. "Mein Ofen hat im Sommer 1043 Grad," lacht
er verschmitzt und wischt sich mit Küchenkrepp Stirn und Kopf
trocken. "Die dreiundvierzig Grad steuert der korsische Sommer
bei..."
Ziegenhorn, Oliven- und Wachholderholz verwendet Jean-Francois besonders
gern für den Messergriff. "Das sind Materialien hier aus
dem Land," begründet er seine Vorliebe. Horn wird zunächst
grob in der Länge zurechtgesägt, dann in Olivenöl
- "Erste Pressung!" scherzt er - gekocht und anschließend
für zwei Wochen in einer Presse geradegebogen. In den Griff
schleift er längs einen Spalt, in dem später die Klinge
des Klappmessers verschwindet.
Etwa acht bis zwölf Messer fertigt Jean-François in
einem Monat - mehr ist nicht drin. Anfangs besuchte er mit seiner
Ware Märkte und korsische Feste, doch mittlerweile konzentriert
er sich auf seine Arbeit zu Hause. In Ile Rousse und Porto-Vecchio
verkaufen zwei Geschäfte seine Messer. Wochentags sind zwischen
zehn und zwölf Uhr Besucher bei ihm willkommen. "Mehr
geht nicht" erklärt er, "sonst komme ich nicht mehr
zum Arbeiten."
Jean-François
Deak's Schmiede liegt ein paar Kilometer abseits der Straße
nach Moltifao und ist nur über eine Schotterpiste zu erreichen.
Und wer jetzt sofort hin will: Hier geht's zu seiner Website: www.cultellidicaccia.com
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