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Endlich einmal Sonne und Windstille auf dem Rogen!
Grenzgängerei: Eine Winterwanderung im Rogengebiet
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Abendstimmung am Rogen

Land und kleine Seen wechseln sich nun ab; wir kommen gut voran. Unser Lager bauen wir diesmal gut 200m vom nächsten See, dem Bredasjön, entfernt auf - der Wald bietet Windschutz. Bei nur -2°C lauschen wir dem zunehmenden Wind. Die nasse Socke trockne ich im Schlafsack. Am nächsten Morgen kein Wind - und sogar ein heller Streif am Horizont. Es klart zunehmend auf. Hundeschlittenteams begegnen uns; auf und ab führt uns der kurvige Pfad auf den Landstücken. Gegen zwei Uhr erreichen wir den Rogen - ein riesiger See. Kurz bevor der Pfad bei Rogenstugan das Nordostufer des Sees erreicht, biegen wir nach Nordwesten ab - hier sind keine Motorschlitten mehr erlaubt. Einen halben Kilometer weiter lassen wir uns zur Nacht nieder; endlich sinkt das Thermometer unter klarem Himmel auf halbwegs winterliche -12°C.
Morgens trübe -8°C. Leichter Schneefall setzt ein, als wir Richtung Westen ziehen; wir wollen den 834m hohen Kläppnäset besteigen und steuern eine kleine Halbinsel an. Nach zwei Stunden erreichen wir bei Sonnenschein den Fuß des Berges und finden eine schöne Lagerstelle in Ufernähe, sogar mit einer Vielfraß-Spur! Wir dösen in der Mittagsonne; später erklimmen wir den Berg. Zähe Birkchen und Kiefern krallen sich oben zwischen Felsblöcken in der Tundra fest. Der Ausblick: atemberaubend schön. Durch den steilen Südwesthang steigen wir ab, und am Ufer darunter suchen und finden wir alte, verwitterte rote Felszeichnungen. Es folgt eine weitere winterliche Nacht mit -15°C. Um sechs Uhr früh ist draußen alles in dicken, filigranen "hoar frost" eingepackt. Wir fotografieren den Zauber, bevor Windböen alles herunterfegen. Während wir entlang des Nordufers weiterziehen, verschlechtert sich das Wetter; mittags nur noch -3°C. An der schmalsten Stelle queren wir den Rogen nach Süden. Kaum an Land, steuern wir gleich auf den kleinen Vandanaan-See zu. Dort lagern wir nahe einer offenen See-Enge bei unglaublichen 0°C. Ich denke an meine Schwester, die morgen einen anstrengenden Umzugstag vor sich hat. Ich ahne nicht, dass auch wir den morgigen Tag in besonderer Erinnerung behalten werden …
Um sechs Uhr öffne ich die Augen und spähe aus dem Zelt: blauer Himmel, windstill, -12°C. Freudig frühstücken wir unser Müsli und räumen zeitig das Lager, während ein paar zarte Wölkchen erscheinen. Heute müssen wir wieder ein Stück querfeldein durch's Land, das könnte etwas anstrengend werden. Beim Abmarsch fegen schon erste Böen den Schnee von den Bäumen in unsere Gesichter. Noch ein Stück über den See, dann der erste Aufstieg auf eine der geliebten Endmoränen; eine unglaubliche Quälerei: sehr steile Hänge, enormer Tiefschnee, unsere Pulkas zerren, wollen uns nicht vorwärts kommen lassen. Rucksack und Pulka - beides zusammen geht meist nicht. Schnell hat sich dazu ein kleiner Sturm entwickelt; es ist erst 11 Uhr! Schnee kommt hinzu; wir sehen nicht mehr besonders weit, kämpfen uns bis zu einem Rentierzaun vor, der mitten durch die Felsbrockenhalde zieht: die Grenze. Unter Aufbietung aller Kräfte hieven wir unsere zentnerschweren Schlitten und auch die Rucksäcke hinüber nach Norwegen. Endlich der Vonsjoeen-See. Sturm schlägt uns ins Gesicht, peitscht den Schnee auf; einem Sandsturm gleich. Aber wenigstens ebener Boden! Wir halten Kurs Süd; erkennen nach ein paarhundert Metern rechts die Silhouette eines Eisfischers im Schneesturm. Ein kurzer Gruß - nach Hingehen ist uns jetzt nicht. Doch als wir das kleine alte Blockhaus am Südende des Sees erreichen, hat er uns eingeholt: Der freundliche, bärtige Norweger, um die 60, bittet uns in seine Hütte. Drinnen rechts und links geräumige Betten, auf denen je zwei weitere ältere, zerzauste Männer in nordischer Freizeitkleidung liegen; zwischen den Betten ein Tisch. Zum Eingang hin zwei Stühle, eine Kochstelle, und alles angefüllt mit Gebrauchsgegenständen des Fischerdaseins. Unser Gastgeber, wohl Arzt, stammt aus dem 120km entfernten Tirrie, hat in Wien studiert und genießt es, endlich wieder von seinem Deutsch Gebrauch machen zu können. Köstliche Hering-Ei-Brote, die seine Frau dem Quintett für's wilde Wochenende mitgegeben hat, bekommen wir, und wir unterhalten uns prächtig. Nach gut einer Stunde drängt es uns weiter.
Die nächsten Stunden bis zum Vonsjoeen lassen sich unter dem Begriff "Hölle" recht gut zusammenfassen: Endmoränen ohne Ende. Tiefschnee, Felsblock an Felsblock, dazwischen Schneestege, die halten - oder auch nicht; das ganze unglaublich steil, erst bergauf, dann bergab.

Morgenstimmung à la Caspar David Friedrich
Noch ist es ein knackiger, klarer Morgen am Rogen. Doch Wolken und Wind ließen nicht lange auf sich warten.
Alles ist dick bereift
Morgendliche Frostpracht nach kalter Nacht
Blick auf den Nordzipfel des Rogen vom Kläppnäset aus
Dieser Tag sollte nicht ganz so schön weitergehen, wie er begann: die Endmoränenquerung wartete schon auf uns.
Noch ist es windstill, und alles hängt voll filigraner Frostfäden
Und schon wieder geht es bergauf….