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Betroffenheit
herrscht, als wir in Emmonak von Neil's Tod erfahren. Mit ihm verbrachten
wir 2008 nach unserer Mackenzie-Yukon-Tour in der Arbeiterbaracke
der Fischfabrik unvergessene Abende. Jack Schultheis, Boss von Kwikpak
Fisheries, berichtet, Neil habe Krebs gehabt und sei schon vor Jahren
gestorben. Jack gehen diese Worte schwer über die Lippen. Über
zwanzig Jahre war Neil sein Freund.
Und Jack? Auch ihn treffen wir zum zweiten Mal. Er war es, der uns
vor sechs Jahren großzügig einlud, bis zu unserer Abreise
in der Arbeiterbaracke zu wohnen. Jack's Lebensaufgabe: Er bietet
jungen Eskimos mit der Arbeit bei Kwikpak Fisheries eine Perspektive
- unschätzbar wichtig am Yukon.
Unerwartet und anders als gedacht: Endspurt zur Beringsee
Dieser
Flußabschnitt, etwa ab Galena gesehen, verlief gleich in dreifacher
Hinsicht anders als gedacht, selbst wenn wir die Begegnungen mit
Menschen mal außer Acht lassen:
Anders
#1:
Das Herbstwetter bleibt freundlich: Das heißt nun nicht, daß
wir nochmal unsere lange Unterwäsche abgelegt haben; dafür
wird es einfach nicht mehr warm genug ab Mitte August. Doch Gegenwind
macht uns nur noch selten mal einen Tag schwer; selbst im platten
Delta erfahren wir Wiedergutmachung für den grauseligen Sommer
in den Flats. Regen fällt - wenn überhaupt - überwiegend
in der Nacht. An dem Tag, an dem wir das Meer erreichen, bläst
zwar ein strammer Nordwind, doch die Sonne scheint.
Anders
#2:
Spiegelglatter Fluß bei Windstille heißt nicht automatisch,
daß man (man? ich, Sigi!) nicht kentern kann. Immer hatte
ich in der Vergangenheit milde gelächelt, wenn Walter von seiner
Kenterung auf dem Yukon vor einigen Jahren erzählte: Ufernah,
die Bootsspitze liegt unmerklich auf, beim Einsteigen dreht sich
das Boot um die Längsachse. Plumps! Keine Zeit zu reagieren,
weil er nicht glauben konnte, was da in dem Moment geschieht. Nun
lächle ich nicht mehr - den Rest könnt Ihr Euch denken.
Das Sigi-typische, Tragische dabei: Ich habe mein Kameratönnchen
nicht richtig zugeschraubt und tränke bei der Aktion meine
Fotokamera, die Videokamera und sämtliche Speicherkarten. Ach
ja, der Soundrekorder war auf dem Deck montiert
Tage des Trocknens, abends am Feuer, nachts im Schlafsack, folgen.
Wie durch ein Wunder funktionieren nach drei, vier Tagen Videokamera
und Soundrekorder wieder. Nur meine G1X bleibt tot. Das Wichtigste:
Alle Speicherkarten sind noch lesbar.
Anders
#3:
Wir haben's bis zur Beringsee geschafft! Daran hatten wir zwischenzeitlich
gezweifelt. Nicht nur mieses Wetter, sondern auch Rückenprobleme
haben uns wochenlang ziemlich zu schaffen gemacht und Plan B - Abbrechen
- wurde ziemlich häufig diskutiert im Juli und Anfang August.
Doch dann setzte sich eine Mischung aus Selbstheilung und Beharrlichkeit
durch, und wir schippern am Ende problemlos den Bach hinunter bis
zum Meer. Nein, wir werden nicht alt. Wir waren es nur ein bißchen
zu Beginn der Reise....
Und
sonst so?
Viele Schwarzbären! Besonders hinter Ruby. Gleich der erste
hatte plötzlich während des Filmens seine Nase fast am
Boot - zu nah, das ist im Nachhinein klar. Von sieben Schwarzbären
innerhalb fünf Tagen war nur einer ängstlich und lief
sofort weg. Fünf nahmen uns ohne Scheu zur Kenntnis kamen sogar
zum Teil auf uns zu, der sechste lief ebenfalls nicht weg - ging
nicht; er lag erschossen am Ufer. Später erfuhren wir, die
Bären hatten Hunger: Zu wenig Sonnenschein und zuviel Regen
hatten dafür gesorgt, daß kaum Beeren gereift sind; dazu
zogen nur wenig Lachse den Yukon hinauf.
Nun
dürfen wir uns an eine tolle Reise mehr im Leben erinnern.
Und unsere Wehwehchen waren noch nicht so doll, daß wir unseren
Traum "Mit 80 nochmal den Yukon runterpaddeln" vorerst
nicht aufgeben
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